Wieder dabei: siehe http://paulchenbloggt.de/frapalymo/
1.11.2016
Wen es trifft*
dem bricht der Boden
der hängt in der Luft
und zappelt
klammert Strohhalme
die Welt muss neu
erschaffen werden
nach dem freien Fall
der noch nicht
der letzte ist
* erste Zeile aus dem gleichnamigen Gedicht
von Hilde Domin
2.11.2016
Unheimlich
Dunkle Nacht nur das
Ticketack des alten Weckers
ein halb offenes Fenster
kiesknirschende Schritte
die wehende Gardine
hämmerndes Ticketack
zuckende kleine Füße
unter der Bettdecke
aber kein Mucks
3.11.2016
Heimlich
still und leise
nehme ich mich
aus der Zeit und
den Bombardements des Alltags
was keinem auffällt
da meine äußere Hülle
noch anwesend ist
im Inneren Ich
weit weit
weg
4.11.2016
Wenn der Herbst
kühl lächelnd
salzigen Atem sprüht
trinke ich von der
goldenen Milch der Kindheit
und kleide mich
in Wolle aus
gesponnenen Worten
5.11.2016
Durchs Ährengewoge
laufen springen purzelbäumeln
vorwärts
auf der Sonne Strahl
windwitternd lauschen
vorbei an Mohn und Korn und
anderem Wilden
selber wild
6.11.2016
manchmal wünsche ich
ich könnte ein glück festhalten und
in einer dose konservieren
ohne verfallsdatum
bei bedarf zu öffnen
aber dann
wer weiß wer weiß
wie es schmecken würde
so ein überjähriges glück
eingelegt ins öl der zeit
ranzig wohlmöglich schal einfach
alt?
8.11.2016
Am Dienstag den achten November
erwachte ich in den Armen eines Baumes der
über Nacht muss es wohl gewesen sein
in mein Zimmer gewachsen
war wie ein Pirat
den Raum erobert hat wo
er mich träumend vorfand bereit zu
keinerlei sägendem oder sonstigen Widerstand
vielmehr willig
dem geheimen Wispern zu lauschen
9.11.2016
Ich seh dich wie durch Glas
du bist so dünn
so blass
im Wellengang der See
Die See, sie brüllt und schäumt
ein Narr, der sich aufbäumt
sie trockenlegen will
zum Schöpfen nur ein Glas
du bist so dünn so blass
10.11.2016
Ich wünschte ich könnte
das Leben tanzen
beflügelt im Auf wie im Ab
im Steigen und Sinken wirbeln
schwelgend mich geben
leichtfüßig nehmen
was aufgespielt
ob große Oper oder
Katzenmusik
11.11.2016
*das hautnahe verhältnis zum rand*
hat mich schon immer interessiert
es stürzt sich von dort so leicht
ins vorwärts
im loslassen der sicherung
liegt die
auferStehung
12.11.2016
Als ich heute erwachte war
an meinem Körper einiges verRückt
aus der Stirn ragte die Nase wie
beim Einhorn auf den Schultern
saßen die Ohren wie
militärische Abzeichen
ein Auge oben eins unten
sowie ein schief
lächelnder Mund mit
einem Geklimper von Zähnen
und innen erst!
war mir das Herz zu Kopfe gestiegen
während tief im Bauch das Gehirn
nistete wie die Frucht
einer Schwangeren
Ich wusste nicht mehr wer
ich war aber ich fühlte mich
wie ein Gemälde von Picasso
13.11.2016
Wir tanzen
jede(r) für sich
auf parallelen Bahnen
bis zu jenem AugenBlick
(... you're my home town ...)
in dem die Energie des Urknalls
Bahnen bricht und neue öffnet
für das Fest zu zweit
und doch
(... on my own ...)
jede(r) für sich
14.11.2016
Von Kopf bis Fuß
mit Herz und Hand
aus Fleisch und Blut
sind wir Menschen
Wunder und Fluch in einem
Ecce homo
unfassbar
die menschliche Existenz
15.11.2016
manchmal da
ist was in der luft
mag sein dass
es knistert
unhörbar
mag sein dass
es leuchtet
unsichtbar
zu greifen ist es
auch nicht
aber ich kann es
fassen
mit meinem siebten sinn
16.11.2016
Die alte Frau
ihr Rücken vom Leben
gekrümmt
ihr Blick starr
nach unten
jeder Schritt ein Kraftakt
ein Schieben und Drücken
getrieben vom letzten Willen
ich frage mich ob
sie den Himmel
sehen kann
manchmal
17.11.2016
Möchten Sie das absolute Gedächtnis?
Nein, Herr Frisch, heute nicht,
auch wenn es pfundweise
im Sonderangebot ist,
heute bitte nicht,
denn ich kaue noch
am letzten Einkauf,
aus dem ich vielerlei
bereitet habe,
heute nehme ich nur
das rosarote Filet dort
(auch wenn ich dafür
teuer bezahlen muss!),
vielen Dank und bis morgen,
Herr Frisch.
18.11.2016
ach, könnten die regen
tropfen fest frieren
zu eis blumen
die himmel winter blauen
ach, könnten meine tränen
in schimmernde perlen
sich wandeln im verhärten
die lösung liegen
und nicht im weichen
im fließenden
19.11.2016
Meine geniale Freundin
Sei klug und
halte dich an Wunder
Kein Blick zurück
Auf der Suche nach
der verlorenen Zeit
Gehen, ging, gegangen
Am Tag, an dem
die Möwen zweistimmig sangen
Der Stift und das Papier
Sommerhaus, später
20.11.2016
manche worte leben
im dunkel
raum zwischen ich und du
in nischen höhlen aus
schmerz angst
häuslich eingerichtet
treiben sie giftendes unwesen
zerrt man sie ans licht
würgt man sie heraus
(unter gefühlter Lebensgefahr)
verlieren sie
an größe an schärfe
in nullkommanichts
zum lachen
21.11.2016
wenn der tag erwacht
winterhimmel überm meer
horizont so weit
ruht das herz und schweigt der mund
flieg mein blauer vogel, flieg
(Tanka)
22.11.2016
Feuer
lodert hell
in der Nacht
wenn der Teufel tanzt
Leidenschaft
(Elfchen)
24.11.2016
Es dreht sich im Kreis
schnell und schneller
das Karussell des Lebens
im Kreis dreht es sich und dreht dreht bis
es steht
niemals still
nur wir
steigen ein steigen aus
28.11.2016
Kinderfrage:
Wann sind wir endlich da???
Erwachseneneinsicht:
Wir sind nie da, wo wir sind.
Im Alter:
Schon da?
29.11.2016
aus den schatten der
nacht kriecht
ein novembermorgen
langsam
als sei es ihm zu kalt
im hell des tages
30.11.2016
Sie fragt nicht.
Sie klopft nicht an.
Sie kommt einfach.
Schleicht sich an oder fällt
mit der Tür ins Haus.
Sie bringt dich um
den Verstand.
Zieht dir den Boden
unter den Füßen
weg. Überrumpelt dich
aufs Charmanteste.
Strahlt dich an
frischgeboren.
Veränderung
und du -
ergibst dich.